Wilhelm Hoffmann (1896-1968)

Am besten man beginnt am 14. Oktober 1896 in Bötzingen bei Freiburg. Dort wird Wilhelm als zweites Kind, der erste Sohn Franz ist gerade ein Jahr alt, von Maria und Martin Hoffmann geboren. Doch verbindet die Familie nichts mit dem Ort Bötzingen, denn die Eltern sind fahrende Händler und nur auf der Durchreise. Eigentlich kommen sie aus Hausach im Kinzigtal.

„..wegen Nervenkrankheit nicht ins Feld“

Während des ersten Weltkriegs wurde auch Wilhelm Hoffman eingezogen, doch wegen einer Krankheit kam er nie an die Front:
„Hoffmann wurde im Jahr 1916 zum Heeresdienst eingezogen, kam aber wegen Nervenkrankheit nicht ins Feld, sondern wurde neun Monate in der Heilanstalt Eglfing und weitere 4 Monate in einer ähnlichen Anstalt in Homburg untergebracht und dann aus dem Heeresdienst entlassen. Er will bis zu dieser Zeit wiederholt Anfälle gehabt haben. Seit Kriegsende hatte er keine Anfälle mehr und war auch wegen seiner Nerven nicht mehr in ärztlicher Behandlung.“
StAM Stanw. 8490 (Zeugenvernehmung in der Untersuchung gegen Hoffmann Wilhelm wegen Verg. gg. das. Ges. v. 20.12.34; Aichach, den 9. Juli 1937)

Familiengründung

1920 heiratet Wilhelm Hoffmann Teresia Glöckl, doch schon 1918, 1919 und 1920 wurden seine Kinder Wilhelm, Cäcilia und Franz geboren. Kurz nach der Geburt des dritten Kindes stirbt seine Frau. 1925 heiratet er erneut, nämlich Elisabeth Thoma. Eventuell hatte er noch eine dritte Frau, denn in einer anderen Quelle wird eine Hochzeit im Jahr 1934 erwähnt.


Arbeitshaus Rebdorf

Doch zunächst rückt das Thema Ehe ein bisschen in den Hintergrund, denn am 26. Oktober 1933 wird Wilhelm Hoffmann auf Beschluss des Bezirksamtes Starnberg verhaftet und in das Arbeitshaus Rebdorf eingewiesen. Zu dieser Zeit ist das Arbeitshaus jedoch so überfüllt, dass beschlossen wird, einige Häftlinge nach Dachau zu bringen. Auch Wilhelm Hoffmann gehört zu dieser Gruppe und kommt am 24. Mai 1934 im Konzentrationslager an.


Zwei Jahre im Konzentrationslager Dachau

Seine Haft im KZ Dachau dauert fast zwei Jahre, erst am 15. Februar 1936 wird er entlassen. Während seiner Zeit im KZ Dachau wird er gezwungen als Holzmacher zu arbeiten und ist außerdem Kapo. Auch muss er unter Strafen wie Pfahlhängen, der Prügelstrafe und dem Bunker leiden. Er muss auch mehrere Erschießungen mit eigenen Augen ansehen. Diese hat er, laut der Aussage des Gastwirts Georg K. am 19. April 1937, so dargestellt:
„Es habe sich dies folgendermaßen abgespielt: Die Erschossenen hätten ihr Hemd auf der Brust aufmachen müssen, dann seien sie zusammengeschossen worden. Sie seien hierauf in eine Grube geworfen und zugedeckt worden. Die Insassen des Lagers hätten hierbei zuschauen müssen. Er wisse auch ein paar Male dass einige bei der Türe hinausgegangen und erschossen worden seien.“

"Ich war so vertrauensselig und erzählte alles was ich im Lager Dachau erlebte und gesehen habe..."

Nach seiner Entlassung aus dem KZ, genauer seit dem 15. Juli 1936, ist er, laut der Ortspolizeibehörde Alling-Eichenau, bei der Hilfsarbeiterehefrau Martha Brandl offiziell gemeldet. Doch angeblich lebt er nicht dort, sondern mit seiner Bekannten Gertraud Schamberger in deren in Eichenau stehendem Wohnwagen. Mit dieser und sechs Kindern hält er sich auch vom 26. Dezember 1936 bis zum 2. Januar 1937 in einem Gasthaus in Langengern, in der Nähe von Odelzhausen, auf. Dort berichtet er von den Zuständen im KZ Dachau und schimpft, laut der Aussage des Gastwirts Georg K. vom 19. April 1937, folgendermaßen:
 „Diese fremde Mannsperson (-> Hoffmann) habe etwa eine Stunde politisiert und räsoniert, wobei sie sagte, dass Hitler schon recht wäre, aber die anderen von oben runter, Göring, Göbbels usw. wie sie alle heißen, lauter Lumpen seien. Des Weiteren sagte er, dass wenn ihm einer etwas wolle, es Blut geben werde.“
StAM Stanw. 8490 (Brief vom 19. April 1937 Gendarmerie-Station Odelzhausen an das Bezirksamt Dachau)
Diese Aussage hat später schwere Folgen für ihn.


Anklage aufgrund des „Heimtückegestzes“

Am 7. April 1937 wird Wilhelm Hoffman wegen „Reisens in Horden“ vorläufig festgenommen. Zwei Wochen später zeigt ihn der Gastwirt aus Langengern an und es kommt zu einer Anklage aufgrund des „Heimtückegesetzes“. Ein interessantes Detail dieser Anklage ist, dass Wilhelm Hoffmann 1945 in einem Entschädigungsantrag eine oder einen Schamberger als anzeigende Person angibt. Ob es sich dabei um seine ehemalige Partnerin handelt, einen Verwandten dieser oder eine andere Person gleichen Namens ist unklar. Auf jeden Fall sitzt Wilhelm Hoffmann bis zum 7. Dezember 1937 in Untersuchungshaft im Amtsgerichtsgefängnis Fürstenfeldbruck, wo er den dortigen NS-Behörden viele Schwierigkeiten bereitet:
„Hoffmann machte bei seiner Vernehmung den Eindruck eines überaus raffinierten Burschen. Wie sich aus der Briefüberwachung einwandfrei ergibt, wird von ihm, bzw. seinen in Freiheit befindlichen Helfershelfern ständig versucht in Verbindung zu treten. Die Mehrzahl der für ihn einlaufenden Postsachen trägt Geheimzeichen oder offensichtlich gefälschte Unterschriften.“
StAM Stanw. 8490 (Brief des Assessors Dr. Wimmer Fürstenfeldbruck, den 20.9.37)

„Er hat mir bisher die Hälfte aller Inhaftierten verhetzt“

Auch schreibt er zahlreiche Briefe und unternimmt mehrere Fluchtversuche, einer zum Beispiel durch das Fenster seiner Zelle! Die Polizei in Fürstenfeldbruck ist am Verzweifeln und möchte Wilhelm Hoffman daher so schnell wie möglich loswerden. Deshalb ist unklar, ob alle in folgendem Zitat erwähnten Vorwürfe der Wahrheit entsprechen oder nur ein Vorwand waren, um Wilhelm Hoffmann abzuschieben:
„Die Verhältnisse sind tatsächlich so, wie sie geschildert sind. Hoffmann ist das schlimmste Element im Gefängnis. Er hat mir bisher die Hälfte aller Inhaftierten verhetzt. Ein Ausbruchsversuch ist von ihm gemacht worden, aber nicht geglückt. Das hiesige Gefängnis ist ein alter Bau und bietet nicht die nötige Sicherheit zur Inhaftierung eines solchen schweren Jungen. Ich ersuche um baldmöglichsten Abtransport.“
StAM Stanw. 8490 (Brief Fürstenfeldbruck den 20. September 37, an die Staatsanwaltschaft München)

Zum zweiten Mal im Konzentrationslager: Dachau und Flossenbürg

Dieser Wunsch wird dann auch erfüllt und Wilhelm Hoffman wird am 18. Dezember 1937 erneut im KZ Dachau inhaftiert.
Als das ganze Lager wegen der Reorganisation einer SS-Division geräumt wird, wird Wilhelm Hoffmann mit circa 1000 Häftlingen nach Flossenbürg überstellt. Die dort vorherrschenden Bedingungen werden von den „Dachauern“ als noch schrecklicher als in Dachau empfunden. Das liegt vor allem an der mörderischen Arbeit im Steinbruch, der extremen Kälte, der völlig unzureichenden Ernährung und der Enge in dem Lager, das nicht für 1000 zusätzliche Häftlinge ausgelegt ist. Noch dazu bricht im Winter 1939/40 eine Ruhrepidemie aus, sodass längst nicht alle Häftlinge, die nach Flossenbürg gekommen sind, wieder nach Dachau zurückkehren. Aber Wilhelm Hoffman überlebt und ist am 2. März 1940 wieder in Dachau.

„Abgang d. Flucht: 14. Sep. 1943“

Noch über drei Jahre ist er in Dachau inhaftiert, bis er am 14. September 1943 um 17.30 Uhr während eines Arbeitseinsatzes in München flieht. Danach lebt er bis 1945 im Untergrund. Laut eigener Aussage wird er in dieser Zeit zweimal verhaftet. Einmal sitzt er daraufhin im Polizeigefängnis in München. Doch auch aus diesem flieht er, nämlich am 23. April 1945 um 23.30 Uhr während eines Fliegeralarms.
Nach dem Krieg bemüht sich Wilhelm Hoffmann sehr um eine Entschädigung. Zwar wurde er während der NS-Zeit oft als „Zigeuner“ bezeichnet, doch in Wahrheit gehört er nicht zu den Sinti und Roma. Daher wird er nach dem Krieg nicht als aus rassistischen Gründen verfolgt angesehen. Somit sind alle seine Anträge auf Entschädigung vergebens.
Am 18. Oktober 1967 heiratet er noch einmal, doch in der Quelle ist nicht angegeben wen. Schließlich stirbt er am 7. Februar 1968 in München.

Verfasserinfo:

Ich heiße Agnes Heim, bin 18 Jahre alt und Schülerin des Josef Effner Gymnasiums Dachau. Dieses Gedächtnisblatt entstand im Rahmen eines W-Seminars in Zusammenarbeit mit der Geschichtswerkstatt im Landkreis Dachau.

Quellen:
BayHStA LEA 17260
StAM Stanw. 8490
Stadtarchiv München Gewerbeliste
ITS-Archives Doc. No.10663038#1 (1.1.6.7/HES-HOF/1810)


Thema: Biographieprojekt (Teilprojekt3)
Autor: Agnes Heim
Quelle: Quellen Diverse
Ort: Gemeinde Erdweg