Vertreibung aus der Heimat und Neubeginn -
Familie Josef Wieder in Röhrmoos

Der Wagnermeister Josef Wieder mit Frau Henriette, die Söhne Josef und Ludwig sowie seine Eltern lebten vor der Vertreibung auf einem kleinen Anwesen mit einer Wagnerwerkstatt in Moskowitz, Kreis Znaim Tschechoslowakei (heute Tschechische Republik). Zu Kriegsende, ab Mitte 1945 begann auch in dieser Gegend die Entrechtung des deutschen Besitzes. Ein tschechischer Kommissar kam nach Moskowitz. Bei ihm konnten sich tschechische Bürger um deutsche Landwirtschafts- oder Gewerbebetriebe bewerben. Nach einigen Wochen waren sämtliche deutsche Besitzungen an tschechische Siedler übergeben und die entrechteten Deutschen mußten als Knechte oder Hilfsarbeiter auf ehemals eigenem Haus und Hof dienen. Nach vielen tschechischen Schikanen begann im Februar 1946 die Ausweisung der ersten Familien. Am 23. Mai 1946, im ersten von drei größeren Transporten kam die Familie Josef Wieder mit ca. 100 weiteren Personen der Umgebung in das Sammellager von Znaim (ca. 10 km von der niederösterreichischen Grenze entfernt). Von Znaim gingen 12 Transporte nach Deutschland und Österreich ab. Die Familie Josef Wieder traf es am 1. Juni 1946. Mit dem ersten Bahntransport in Viehwaggons zu je 30 Personen mußten sie nun endgültig von der Heimat Abschied nehmen, alles Hab und Gut zurücklassend! Wir konnten "nur" das mitnehmen, was "in" uns war, und das sollte unser Kapital für unsere ungewisse Zukunft sein : Unser berufliches Wissen und Können, unsere Erziehung und die Hoffnung auf unseren Gott, der auch in dieser schweren Zeit mit uns war. Das, was in uns war, konnte man uns nicht nehmen. Die Fahrt ging über Prag, und Furth im Wald. Man erreichte am 4. Juni Dachau. Hier wurden alle auf Lkw`s verladen und in das Durchgangslager Rothschwaige gebracht. Am 5. Juni wurden die Leute (ebenfalls auf Lkw`s) in die verschiedenen Orte des Landkreises gefahren. Eine Gruppe davon kam nach Röhrmoos-Dorf zum Hof von Johann Pabst (Zinsmeister). Unter hilfsbereiter Betreuung und wohlwollender Beratung des damaligen Bürgermeisters Josef Pabst erfolgte die Zuteilung der Familien auf die verschiedenen Hausbesitzer von Röhrmoos. Die Familie Josef Wieder wurde dem Wagnermeister Peter Wiedemann, im Haus Nr. 18 in Röhrmoos Dorf zugewiesen. Mit einem Schubkarren brachte man das wenige Hab und Gut in das Haus der Familie Wiedemann. Im Obergeschoß richtete man ein Zimmer her. Man muß an dieser Stelle darauf hinweisen, welche Belastung den Röhrmooser Hausbesitzern damals in einer auch für sie nicht einfachen Zeit zugemutet wurde. Nochmals herzlichen Dank der Familie Wiedemann für die gute Aufnahme und Hilfe in dieser schlimmen Zeit! Das Zimmer der Wieders war nur ca.14 qm groß und man mußte dahin immer durch die Wohnung der Wiedemanns gehen, deshalb war man froh, als 1950 eine neue Werkstatt gebaut wurde und darüber ein größeres Zimmer mit einer Außentreppe entstand. Josef Wieder arbeitete als Wagner bei Peter Wiedemann, solange Aufträge vorhanden waren (der Wagnerberuf ist bis Ende der fünfziger Jahre völlig ausgestorben). Danach fuhr er nach München, um in einer Baufirma zu arbeiten. Als die Buben Josef und Ludwig größer wurden war auch das Zimmer über der Werkstatt für vier Personen zu klein. Deshalb erwarb Josef Wieder sowie 9 weitere Personen (darunter Juliane Wolkenstein und Ludwig Wieder, ebenfalls aus Moskowitz) einen Bauplatz von Herrn Westermeier (Reindl) hinter der Baywa. Hier bauten sie unter größten Entbehrungen und mit viel selbständiger Arbeit das Haus Nr. 110, welches nach der Röhrmooser Straßeneinführung zur Herbststraße Nr. 6 wurde. Die Familien, die sich dort einfache Häuser errichteten, halfen sich gegenseitig in ihrer Freizeit und am Feierabend unentgeltlich beim Bau der Häuser. Nur so kam man zu etwas. Ohne die Nachbarschaftshilfe wäre dies alles noch schwerer gewesen. Das gegenseitige Helfen verband uns auch im zwischenmenschlichen Bereich sehr. Im Dezember 1955 zog Josef Wieder mit seiner Familie und den Eltern ein. Der ältere Sohn Josef baute sich 1967 ein Haus in der Bergstraße 4. Er heiratete 1974 Erika Stich aus München. Sie haben zwei Kinder: Markus und Christian. Sohn Ludwig heiratete 1965 Maria Krix, die mit ihren Eltern aus Ungarn flüchten mußte. Ihre drei Kinder sind die Tochter Maria, sowie die Söhne Manfred und Robert. Ludwig erweiterte 1967 das Haus in der Herbststraße 6, wo er heute noch wohnt. Die Mutter Henriette verstarb 1980, der Vater Josef im Jahr 1991. Aus Moskowitz vertriebene Familien: Fam. Kohlhammer mit Tochter und Sohn nach Riedenzhofen Fam. Lux Alfons mit zwei Töchtern nach Großinzemoos; Fam. Neubauer Franz mit Tochter nach Arzbach; Frau Wacht Agnes mit Eltern u. Bruder nach Riedenzhofen; Herr Wacht Pius mit Eltern u. Bruder nach Röhrmoos zu Fam. Wiedemann Ludwig; Herr Wacht Raimund mit Eltern, Schwester und Bruder nach Riedenzhofen Fam. Wieder Ludwig (Bruder v. Josef Wieder) mit Schwiegermutter u. 2 Töchtern nach Röhrmoos zu Fam. Westermeier; Frau Wolkenstein Juliane (Schwester von Henriette Wieder) mit 2 Töchtern u. Sohn nach Röhrmoos zu Fam. Obermeier; Fam. Wieder Josef mit 2 Söhnen nach Röhrmoos zu Fam. Wiedemann Josef; ihre Eltern zu Fam. Katzl Georg; die Schwiegereltern zu Fam. Hefele.
Thema: Flüchtlinge und Vertriebene
Autor: Ludwig Wieder
Quelle: Ludwig Wieder
Ort: Gemeinde Röhrmoos